Mitte Juni, irgendwo in Eppan, irgendwo in einer Apfelwiese. Oben hellblauer Himmel, unten hellgrünes Gras. Links und rechts frisch-grüne Blätter an üppig wachsenden Bäumen, recken vergnügt Richtung Sonne. Dazwischen fliegt immer wieder eine Biene ihren Weg, fröhlich, unbeschwert und sorgenfrei. Es ist ein idyllisches Bild, ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Sattes Grün, sanftes Blau und strahlender Sonnenschein.
Und mittendrin strahlt da noch jemand. Mit gelbem Shirt, frohem Grinsen und leuchtendem Haar.
Julia hat uns hierher eingeladen, an den Tutzerhof. Der Name kommt eigentlich von Julias Oma. Als der Papa den Hof damals als Einheit geschlossen hat, hat er ihm den Nachnamen seiner Mutter gegeben. Noch immer erzählt Oma gern von früher, wie sie Obst und Wein angebaut hatten. Von alten riesigen Granny-Bäumen, von den Birnbäumen, die sie früher hatten. Julias Papa hat den Hof dann weitergeführt, hat die Birnen mit Äpfeln getauscht und vom konventionellen Anbau zum biodynamischen gewechselt. Aus Überzeugung. Heute stehen noch 8 alte Birnbäume auf einem Stück Wiese, das die Familie vor ein paar Jahren dazu gekauft hatte. Kaiser und Williams, richtig gute Sorten.
Julias Papa hilft zwar immer noch mit wo er kann, aber er hat sich letzthin gern etwas zurückgezogen, lässt die Jungen ihr Ding machen. Er ist jetzt wieder mehr in den Bergen unterwegs, als Bergführer und Naturkenner, hat seiner Begleitschaft viel zu erzählen. Die Jungen sind nun Julia und ihr Bruder Daniel. Beide sind ganz frisch mit dabei, haben den Hof erst vor kurzem überschrieben bekommen. Ganz frisch aber eigentlich nur auf dem Papier, denn sie waren immer schon mit am Hof tätig, haben Hand angelegt, wo es gebraucht hat, haben dem Papa über die Schulter geschaut, gefragt, gelernt und aufgesaugt.
Jetzt kümmert sich Julia um ihre Äpfel und den Weinbau, Daniel um den Anbau von Gemüse und Getreide. 3 Hektar Äpfel sind es. Unter anderem Gala und Natyra®. Die Gala hatten sie 2008 gesetzt, sind damit die ältesten in ihrer Anlage. Und ihr Alter merkt man ihnen auch an, sie hatten in den letzten Jahren doch ziemlich abgebaut. Auch diese Bäume wird Julia rausnehmen, die Fläche ein Jahr lang als Acker nutzen, um dann wieder junge Bäume zu setzen. Das Zwischenjahr als Acker gibt den Bäumen dann den richtigen Schwung, sagt Julia.
Das Gemüse hat man erst seit 4 Jahren mit dazu geholt, seit letztem Jahr dann auch so richtig in den Verkauf gebracht. Salat, Karotten, Sellerie. 2500 m2 sind es, die Bruder Daniel hier anbaut. Das meiste hat er ganz allein gemacht, jetzt hilft ihm seine Freundin Michèle. Auch hier ist alles biodynamisch. Sie kaufen Samen sowie Bioerde und ziehen selbst die Jungpflanzen auf. Jeden Samstagnachmittag wird direkt ab Hof verkauft, vormittags ist man auf dem Markt, ebenso die Donnerstage. Daniel gefällt es, seine Bio-Produkte direkt an die Frau, an den Mann zu bringen, freut sich, seine Käufer zu kennen, kann so ganz nebenbei oft auch was dazu erzählen.
Und auch Julia erzählt gerne. Beispielsweise von ihren Bienen, die sie jetzt schon seit 5 Jahren hat. Sie wollte auch noch etwas Eigenes, nicht nur allein das weiterführen, was Papa ihr übergeben hat. 10 Bienenvölker sind es, schwirren freudig durch Wiesen und Wald, halten den Kreislauf intakt und liefern, wie beispielsweise im letzten Jahr, einen gewaltig guten Honig!
Julia findet es schön, wenn sie weiß, woher ihre Lebensmittel kommen. Wenn sie selbst was dazu beitragen konnte, wenn sie sieht, wie alles wächst, gedeiht und Früchte trägt.
Der biologisch-dynamische Anbau kam von Papa, es war seine feste Überzeugung, dass es das Richtige sei. Julia ist damit aufgewachsen, kennt es nur so. Pflanze, Boden, Mondphasen und andere kosmische Kräfte, alles ist eins. Ein Kreis, der alles mit einschließt, der das große Ganze sieht. Und dazu gehören auch gewisse Naturpräparate, die spezielle „Informationen“ an die Pflanze liefern. Wie der „Hornmist“ beispielsweise, wo eine Handvoll frischer Kuhmist in das ausgehölte Horn einer verstorbenen Kuh gefüllt wird, um es von Oktober bis Mai in der Erde zu vergraben. Der feine Humus, der dabei entsteht, wird dann in einem Eimer Wasser verrührt und über einem Hektar Acker versprüht.
Julia hat die Oberschule FOS, Fachrichtung Biologie in Meran besucht. Biotechnologie, Mikrobiologie, Biochemie. Über Bio weiß sie also ganz schön viel und doch reizt es sie, noch weiter einzutauchen. Die Eltern haben ihr nie Druck gemacht, was sie später mal machen sollte, welche Schule sie besuchen müsse. Und das war auch gut so, denn Julia hat ihren Weg gefunden, und es war bis zuletzt eigentlich genau das, wo sie immer schon mittendrin war. Zwischendrin hat sie sich als Konditorin versucht oder hatte ein Studium begonnen. Aber in jedem Raum, in dem sie war, fühlte sie sich irgendwann wie eingesperrt, wollte raus ins Freie, in die Natur.
Sie sportelt gern, fährt Rad, wenn es die Zeit zulässt. Zwischen Haushalt und Garten und Äpfel und Birnen und Gemüse und Bienen bleibt da oft nicht so wirklich was übrig. Aber Julia jammert nicht. Sie liebt, was sie tut. Ja, sie strahlt in ihren grünen Wiesen. Mit gelbem Shirt, frohem Grinsen und leuchtend rotem Haar.