Militärdienst? Franz wählt stattdessen die Entwicklungsarbeit und kommt nach Ecuador in ein ehemaliges Bananenanbaugebiet. Die früheren Plantagenarbeiter sind als Selbstversorger zurückgeblieben und haben staatliche Hilfen für den Anbau von Kakao erhalten. Wie vom plantagenmäßigen Bananenanbau gewohnt, erwarten sich einige eine Anleitung zum Pestizideinsatz, v.a. von Herbizid. Franz setzt auf bodenbedeckende Leguminosen zur Unkrautunterdrückung und bemüht sich um eine Diversifizierung der für die Selbstversorgung angebauten Pflanzen. Durch diese Erfahrung nähert sich Franz dem Bio-Gedanken. Schließlich schreibt er auch seine Dissertation über die Bauernbewegung in Ecuador.
Zwei Jahre später kehrt er nach Südtirol zurück, beendet sein Soziologiestudium und unterrichtet als Lehrer an der neugegründeten Oberschule für Landwirtschaft. Auch außerhalb der Schule beschäftigt sich Franz mit der biologischen Landwirtschaft. Als Kontrolleur besucht er die ersten Südtiroler Bio-Betriebe, die sich zum Bund der Alternativen Anbauer zusammengeschlossen haben.
Er erkennt, dass am Hof verarbeitete, lagerfähige Produkte der Arbeitskraft der Bauern einen größeren Wert geben und die Marktposition der Bauern stärkt. Davon beseelt beschäftigt sich Franz selbst mit Vergärung: zunächst von Kraut und anderem Gemüse und bald darauf mit den ersten Versuchen den Duft der Gravensteiner-Äpfel in einen Apfelsekt zu bringen. Wenig später führt ihn und seine Frau Theolinde die Entwicklungsarbeit wieder nach Südamerika.
Anfangs der Neunziger bietet sich die Gelegenheit in einem Projekt zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Regenwaldes mit einer Indio–Organisation im Amazonas mitzuarbeiten. Es geht vor allem um den Erhalt der Vielfalt der angebauten Nahrungspflanzen und um eine Reduzierung der Rodungen durch Stärkung der Bodenfruchtbarkeit.
Im Regenwald erfährt Franz zwei Jahre später, dass sein Vater in Südtirol die alten Gravensteiner Apfelbäume roden möchte. Er kehrt nach Südtirol zurück und überredet seinen Vater ihm die Apfelwiese zu verpachten und bewirtschaftet sie biologisch. Sein Vater sieht gleich im ersten Jahr an, dass die Bio-Gravensteiner gut aussehen und schmecken und tritt ein weiteres Stück für die biologische Bewirtschaftung ab. Franz‘ Engagement für den Bioanbau geht über den Anbau hinaus: Er setzt sich für den Aufbau des Verbandes Bioland in Südtirol ein und trägt für einige Jahre als Obmann die Verantwortung.
„Es macht wenig Sinn, ein Projekt nur zwei oder drei Jahre zu begleiten. Wir bleiben bis es ohne uns läuft, das dauert im Schnitt zehn Jahre.“ - Franz
In diesen Jahren begleiten Theolinde und Franz weiterhin das Projekt in Ecuador und unterstützen vor allem den Aufbau von Schulgärten, wo das alte Wissen über die Vielfalt auch an die neue Generation praxisnah weitergegeben wird.
Um die Jahrtausendwende bekommen Franz und Theolinde ein weiteres Entwicklungsprojekt angeboten: Kaffeeanbau und Weinbau auf den Kap Verden. Die beiden ziehen mit Tochter Magdalena für einige Monate dorthin. Zuhause übernimmt ein Bio-Bauer den Pflanzenschutz, zur Apfelernte kommen sie nach Hause.
Herzstück des Projekts wird der Aufbau einer Kellerei. Aus anfänglich sieben Lieferanten werden innerhalb weniger Jahre über 100 Weinbauern. Jahrelang fahren Theolinde und Franz mit Tochter Magdalena im Juni und Juli zur Weinlese und zum „Einkellern“ auf die Kap Verden. 2007 wird nochmals ein ganzes Jahr draus; Theolinde nimmt sich eine Auszeit als Mittelschullehrerin und Magdalena besucht dort die Schule. Nach einigen Jahren wird die von der EU mitfinanzierte Kellerei unter deren Best Practice Projekten aufgelistet.
2010 startet Franz einen Schüleraustausch mit den Kap Verden. Schüler/innen der Landwirtschaftlichen Oberschule in Auer verbringen zwei Wochen Betriebspraktikum auf den Kap Verden, veredeln Käse, arbeiten in der Kaffeeplantage oder produzieren Marmeladen, begleitet von Schüler/innen des dortigen Lyzeums. Diese kommen im Jahr darauf für drei Wochen nach Südtirol und arbeiten auf Biohöfen mit. Diese Aktivität geht für einige Jahre weiter und Franz ist für motivierte junge Leute von der Insel Fogo ein Bezugspunkt geblieben. Aktuell lebt Miguel aus dem Weindorf Chã das Caldeiras am Hof der Familie Egger und macht ein Masterstudium in Önologie.
Franz ist es gelungen, durch Zusammenlegung von Flächen und ökologische Maßnahmen am eigenen Hof eine „Bioinsel“ zu schaffen: an einer Seite grenzt das Biotop „Adlermösl“, an zwei Seiten ein breiter Wassergraben und zum einzigen direkt angrenzenden Nachbarn schließt eine mächtige Hecke die Wiese ab.
In ihren Apfelwiesen pflanzen die Eggers die pilzresistenten Sorten Topaz und GoldRush®, um die Pflanzenschutzbehandlungen zu reduzieren.
„Der Schnittpunkt zwischen Rohware und Verarbeitung ist für mich unglaublich spannend.“ - Magdalena
Ein gutes Produkt entsteht aus guten Zutaten, so einfach ist die Philosophie der Eggers. Deshalb verarbeiten sie einen Teil der geernteten Äpfel direkt am Hof zum Cider „Floribunda“. Der Cider ist eine echte Familienangelegenheit, Magdalena, Theolinde und Franz packen alle mit an.
Frauen in der Landwirtschaft? Das hat es schon immer gegeben und für Magdalena ist klar, dass mehr und mehr Frauen auch in der Landwirtschaft Entscheidungspositionen einnehmen werden. Dann wird es auch einfacher, Arbeitsschuhe und –kleidung sowie Arbeitsmaterialien wie Baumscheren in „Frauengröße“ zu bekommen. Diese Schwierigkeiten haben Magdalena jedoch nicht davon abgehalten in die Landwirtschaft einzusteigen.
Sie wuchs in Südtirol und auf den Kapverden in mitten von Apfelwiesen und Weinbergen auf. Als Jugendliche arbeitet sie im In- und Ausland auf Biohöfen und studiert in Bozen Landwirtschaft während sie am elterlichen Hof mithilft. Sie interessiert sich für den Schnittpunkt zwischen der Rohware und der Verarbeitung, macht den Master in Getränketechnologie in Gießen und Geißenheim und schreibt ihre Masterarbeit über den Einfluss verschiedener Hefestämme auf den Cider. Mit diesem Hintergrund ist klar, dass sich Magdalena bei Floribunda nicht nur ums Instagram Profil kümmert, sondern auch in die Produktentwicklung einbringt.
Mit ihrer Mutter und ihrem Vater entwickelt sie das Bio-Obstgut der Familie weiter. In den Wiesen reifen schorfresistente und widerstandsstarke Apfelsorten. Flaschenvergoren, naturtrüb und ungeschwefelt bringen die drei möglichst viel Apfel in den Cider. Denn als Bauernfamilie liegt ihnen eins am Herzen: geschmackvolle Früchte zu ernten, einen Teil davon selbst zu verarbeiten und selbstbestimmt den Hof zu führen.