Durch und durch ein Unternehmer. Philipp studiert Wirtschaft in Innsbruck, macht seinen Abschluss, dann die Praktika zum Wirtschaftsprüfer und arbeitet in Hannover im Büro des Bundesligavereins. Eigentlich perfekt als eingefleischter Fußballfan und selbst leidenschaftlicher Fußballer – und eigentlich auch genauso, wie er es immer wollte.
Doch der Ruf aus der Heimat, auch aufgrund eines Schicksalsschlages in der Familie, und das Gefühl, zuhause gebraucht zu werden, ließ ihn in der großen Stadt nicht glücklich werden. Schon als Student war Philipp immer in den Apfelwiesen, hat bei der Ernte in mehreren Bio-Betrieben in Terlan geholfen. Sein Vater Florian entstammt aus der Bio-Pionier-Familie Mair-Larch aus Terlan, die Mutter aus einer Bauersfamilie aus Morter. Allerdings waren beide in anderen Bereichen beruflich tätig, die Höfe fielen an die älteren Geschwister. Die Bauerschaft blieb jedoch immer großes Thema, für die ganze Familie. Und so war es auch für Philipps Mutter ein innerliches Bestreben, sich als Bäuerin zu etablieren und sie begann nach dem Kauf einer kleinen Obstfläche, auch einen Urlaub auf den Bauernhof-Betrieb aufzubauen.
Das Grau der Stadt machte Philipp nicht glücklich, es zog ihn zurück in seine Heimat. Grau gegen Grün, Null zu Eins, für die Natur, für die Wurzeln, für seine Familie. Und Philipp erkennt die Chance, seinem elterlichen Betrieb neuen Schwung zu verpassen, ihn auch zu vergrößern. Doch alles der Reihe nach, nichts überstürzen. Zuerst holt er sich das nötige Wissen, kniet sich ordentlich rein. In der Fachschule Laimburg belegt er den Intensiv-Kurs, bewusst nicht die Schnellversion, und absolviert die Abschlussprüfung als Privatist mit den Oberschülern. Er wollte es, unbedingt. Auch wenn es nicht immer einfach war und er anfangs für seinen Traum Bauer zu werden auch belächelt wurde. Danach arbeitet er einige Jahre bei einem großen Bio-Bauer in Andrian, hilft wo es geht und freut sich über alles, was er dort lernen kann. Sogar das Traktorfahren hat er ihm beigebracht, von Null auf.
Eine kleine Obstwiese und ein großer Traum. Er kalkuliert, rechnet, schlägt über, setzt neu an. So lange, bis er sich selbst grünes Licht gibt. Er kauft schrittweise die Maschinen, die er benötigt. „Vor allem die Anschaffung der Maschinen war eine Herkulesaufgabe, es war ja nichts da mit dem ich arbeiten konnte. Vom Tschaggl bis zum Traktor musste alles angeschafft werden.“
Er expandiert, wie es ein Unternehmer bezeichnen würde und pachtet stetig neue Flächen dazu. Heute bewirtschaftet er 6 Hektar, mit dabei sogar jene Obstwiesen vom Apfelbauer aus Andrian, der einst sein Lehrer war. „Ein Bauer“, so sagt es Philipp, „ist im Grunde nichts anderes als ein Unternehmer in der Natur“. Er muss vorausplanen, managen, einteilen, vorbereiten, muss Risiken eingehen, verhandeln, netzwerken, Ideen verwerfen, neu beginnen, durchhalten und kalkulieren. Und in Philipps Fall nochmals viel schärfer, weil er die Pacht für die Wiesen auch noch mitzutragen hat. „Es geht, aber härter als bei anderen in meinem Alter, die den elterlichen Hof weiterführen können“, sagt er.
Wie bei einem Fußballspiel gibt es im Bauernleben aber auch „Niederlagen“, wo etwas nicht so funktioniert - wie man will: „Ich muss von einem Pachtgrund zurücktreten, hab zu viel gezockt und zu hoch geboten. Jetzt ist der Apfelpreis dieser Sorte im Keller und somit ist die Fläche für mich nicht mehr rentabel. Abschließen – vergessen und weiter… nächstes Jahr wird wieder besser. Bestimmt.“
Sein Betrieb umfasst im Moment unter anderem die Sorten Gala, Bonita, Granny Smith, Topaz, Natyra® und Braeburn. Mehrere Tausend Bäume, ganz allein. „Das geht, aber auch nur, weil ich viele schorfresistente Sorten habe. Das nimmt unheimlich viel an Druck in der Schorfsaison bzw. beim Pflanzenschutz“, sagt er. Auch beim Südtiroler Beratungsring für Obst und Weinbau kennt man ihn als einen, der mit Ehrgeiz dabei ist, als einen, der nicht lockerlässt. So lange, bis es passt. Immer wieder ruft er dort an, holt sich Tipps und Einschätzungen.
Und generell ist er kein Eigenbrötler, im Gegenteil. Sein offenes Ohr und die Bereitschaft, einen Ratschlag auch anzunehmen, helfen ihm immer wieder weiter. Und genauso ist es auch im familiären Umfeld, mit dem guten Wort der Mutter und seiner Freundin, die ihm den Rücken stärken, wenn er mal einen schlechten Tag hat.
Die Mutter wohnt ebenso auf dem Hof, führt ihn seit 2005 schon als Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betrieb. Sie ist eine Macherin, eine starke Frau, die sich durch persönliche Verluste nicht unterkriegen lässt. Früher war sie Krankenschwester, hat sich dann umgeschult, Kurse gemacht, damit sie die Lizenz für den Betrieb erhält. Eigentlich ganz ähnlich, wie Philipp. Und sie ist ebenso ehrgeizig, keine Frau für halbe Sachen. Der Betrieb erhält auf Anhieb die 4 Blumen - die höchste Auszeichnung für Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betriebe zu dieser Zeit in Südtirol. Die drei Ferienwohnungen sind gut belegt, den Gästen gefällt’s, und auch Mama gefällt’s. „Sie macht das gern“, sagt Philipp und er sieht auch sich schon in der Rolle des Gastgebers, dann wenn Mama irgendwann keine Lust mehr dazu haben sollte. Hier beim „Das Landhaus“ mitten im Dorf Terlan, und doch abseits genug für die schöne Ruhe. 10 Hennen, jede mit eigenem Namen, ein paar Häschen, zwei Katzen. Hier möchte Philipp eine Familie gründen, möglichst alt werden. Hier baut er Äpfel an und auch etwas an Wein. Ein Hobby, sagt er.
Hier hat er sich gefunden, als Unternehmer, als Bio-Bauer.
„Ich wollte immer Bio machen, alles andere war kein Thema. Ich bin mit Bio aufgewachsen und glaube an den erfolgreichen Weg der Biolandwirtschaft.“
Biologisch heißt für Philipp, die Natur zu respektieren und möglichst naturbelassenes Obst zu produzieren. Das gelingt am besten mit resistenteren Apfelsorten, die aus seiner Sicht im Bio-Anbau noch mehr gefördert werden sollen. Beim Spritzen des notwendigen Pflanzenschutzes achtet er beispielsweise auch auf die Zeichen, die der Baum selbst ihm gibt. „Wenn die Königsblüte beim Schütteln fliegt, ist der Zeitpunkt für das erfolgreiche Ausdünnen der Blüten mit Schwefelkalk der Richtige, weil der Baum dann in Vollblüte steht.“ Dieses Jahr war Philipp etwas zu früh dran, war etwas zu ungeduldig, einen Tag vielleicht, der ihn aber jetzt auf Nadeln bettet. Sind noch genug Äpfel am Baum? Unternehmerisches Risiko, ein Bangen. Aber das gehört dazu, als Vollblut-Apfelbauer. Dass er sich irgendwann selbst seine eigene Wiese kaufen kann, sieht er noch nicht voraus. Dafür müssten die Apfelpreise explodieren und nicht sinken, sagt er. Aber wer weiß …
An Projekten hat Philipp immer was im Kopf, und er geht dem nach, lässt nicht locker. Oft fehlt es ihm noch an der Umsetzung, aber er hält daran fest und wartet auf den richtigen Moment. Hier hält er sich bescheiden, schmettert nicht gern groß voraus. Und genauso macht er es auch bei der Ernte. Ob sie gut ist, zeigt sich erst, wenn sie im Trockenen ist. Wie der Blick in die Schluss-Bilanz am Ende eines Geschäftsjahrs. Oder die drei Abschlusspfiffe bei einem Fußballspiel.