Anfang Juli, mitten in den Apfelwiesen in St. Jakob. Im ersten Moment möchte man meinen, Weinreben vor sich zu haben, weil die Bäumchen waagrecht liegen und ihre Seitenäste in die Höhe strecken. Sie sind üppig bestückt, mit etwa pflaumengroßen grünen Kugeln. Es sind Andrea Zampedris Äpfel. Heute noch grün, im September dann leuchtend rot.
Andrea ist selbst noch etwas grün. Er ist ein Neuling im Apfelanbau, ist erst seit 2017 mit dabei. Vorher war er Kältetechniker, 15 Jahre lang, und wärs wahrscheinlich noch länger geblieben, weil er sich eigentlich gut dort gefunden hatte. Aber dann hat sich die Möglichkeit ergeben. Andrea ist noch etwas grün, aber er leuchtet. Er hat Ideen, ist wissbegierig. Er beobachtet, kombiniert und er ist auch nicht scheu, einfach mal etwas zu probieren. Genauso wie hier mit der neuen Sorte Natyra®. Und genauso wie hier mit der Guyot-Methode, die man eigentlich aus dem Weinbau kennt.
Dabei lässt man den normalen Baum nicht einfach in die Höhe wachsen, sondern legt ihn, wenn er hoch genug ist, in die Waagrechte um. Wenn er dann die Seitenäste ausbildet, wachsen diese wiederum mehrachsig in die Höhe, bilden eine schöne, flächige Fruchtwand.
Der Vorteil dieses Mehrachsen-Erziehungssystems ist, dass die Äpfel gleichermaßen mehr an Sonne abbekommen, dass sie eine gleichmäßigere Größe ausbilden und dass die Baumreihen auch noch etwas enger gesetzt werden können. Beim klassischen Apfelbaum, wenn die Bäume größer werden, wird’s unten meist sehr schnell etwas schattig. Die Äpfel dort bleiben dann kleiner, sind auch für Pilzkrankheiten anfälliger. Seit 2020 probiert sich Andreas in dieser Methode. Mit Erfolg: Die Bäume sehen richtig gesund aus, tragen schöne Blätter und üppige Frucht. Diese Bäume der Sorte Natyra® hat Andrea letztes Jahr erst gesetzt. Bis sich oben die Knospen bilden, lässt er die Bäumchen auch unten austreiben, damit sie auch in diesem Jahr etwas mehr an Frucht abwerfen. Im Laufe des Sommers wird der Baum dann gebogen und befestigt, beschnitten, wo zu viel ist. Natyra® ist bekannt als eine nicht ganz so leichte Sorte. Vor allem beim Schnitt ist sie sehr empfindlich. Man muss darauf achten, dass Stellen nicht kahl bleiben, denn wenn man zu eng schneidet, wächst nichts mehr aus. Das hat Andrea im ersten Jahr, wo er mit Natyra® gestartet ist, erfahren müssen.
Aber Andrea wächst hinein, lernt draus. Und er tauscht sich auch mit anderen aus. Zwei- bis dreimal im Jahr trifft er sich mit einer Gruppe Gleichgesinnter, man berichtet über die Erfahrungen, Erfolge und Empfindlichkeiten. Und auch mit seiner Familie tausch er sich aus. Mit seinem Vater, mit seinem älteren Bruder. Eigentlich ist Andrea‘s Bruder der Landwirt, hat seit eh und je ca. 10 ha bebaut, zusammen mit dem Vater. Andrea hat zwar immer mitgeholfen, beim Zupfen, bei der Ernte, hat sich aber in seinem Beruf als Kältetechniker voll gefunden. 2017 war dann nochmals Thema, ob er nicht mit einsteigen möchte, und er hat es sich durch den Kopf gehen lassen, wieder und wieder.
„Wenn, dann nur biologisch“
„Wenn, dann nur biologisch“, war für Andrea klar. Klare Bedingung und ebenso klare Überzeugung. Und so kam es dann. Man hat die Flächen aufgeteilt, wobei auch der Vater noch einen Teil für sich behalten hat, einfach weil er’s gerne macht.
Einige Maschinen und Klauber teilt man sich, hilft sich, wo es geht. Bio baut zwar nur Andrea an, aber auch der Bruder liebäugelt inzwischen damit und wer weiß, vielleicht steckt Andrea ihn ja noch ganz an! Sein Detail-Wissen hat er sich in der Laimburg angeeignet, hat sich in die Materie eingearbeitet, vom Wachstum bis zum Schnitt, vom Sortenspiegel bis zum Ertrag.
Und jetzt steht er hier, in seinen Wiesen, und er strahlt richtig. 3,5 ha sind es insgesamt, die er bebaut. Gala, Story, seit 2019 Pilot und seit 2020 eben auch Natyra®. Süß-säuerlich, sehr aromatisch, knackig und saftig. „Etwas eigen im Anbau ist er zwar, der Natyra®“, meint Andrea, „aber der Apfel ist extrem gut und jeder der ihn isst, isst ihn gern und sucht ihn sogar!“ Einen guten Boden braucht er und er meint, es ist auch wichtig, den Boden darunter etwas grasfrei zu halten, weil das Gras, gerade bei den jungen Bäumchen, doch eben auch im Wachstum konkurriert. Bei Baumkrankheiten wie dem Schorf oder dem Mehltau ist er sehr unempfindlich, dafür sind Glasigkeit oder Sonnenbrand etwas gefährlicher. Vor allem hier, meint Andrea, weil die Wiese Ost-West ausgelegt ist. Mit einem zusätzlichen Schatten-Netz für die heißen Tage im Juli und August hat Andrea nun vorgesorgt. Wieder ein Test, der aber laut ihm durchaus klappen dürfte.
Generell war es seine Einstellung zur Natur, die für ihn nur den biologischen Anbau in Frage kommen lies. Er hat sich angeschaut, was ein Biologe an Pflanzenschutz so alles spritzt, und es hat ihm gefallen, wie dort alles recht übersichtlich war. Und das ist gut so – vor allem jetzt, mit den Kindern, die frei in den Wiesen rund um den Hof umherlaufen können, ohne dass man sich einen Gedanken machen muss. Er wohnt mit Freundin Magdalena und den beiden Kindern im zweiten Stock des Hofs, seine Eltern darunter. Namen hat der Hof keinen, er hatte nie einen und als er ihn dann übernommen hatte, war man sich auch nicht ganz einig, hat es dann auch wieder bleiben lassen.
Jetzt geht Andrea voll auf in dem, was er macht. Für Hobbys bleibt da meist nicht viel an Zeit. Er geht gern auf den Berg, mit den Kids, im Winter rodeln, hin und wieder skifahren. Eigentlich ist der Apfelanbau sein Hobby, lacht er. Er probiert gern neue Sachen, tüftelt, beobachtet, zieht Schlüsse draus und perfektioniert. So lange, bis es passt, bis es ist, wie es sein soll. Diese Freiheit nimmt er sich.
„Etwas grün“ wird er vielleicht manchmal belächelt. Aber wenn man dann sieht, wie reich bestückt seine noch jungen Bäumchen tragen oder wie gut er es mit eigensinnigen Sorten wie der Natyra® kann, dann ist das „grün“ doch schnell wieder verflogen.